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Meine Stimme und ich

Autorenbild: aleksandra mariaaleksandra maria




Hast du mal auf deine innere Stimme gehört? Wie hart gehst du mit dir ins Gericht? Vielleicht gehörst auch du zu den Menschen, die manchmal soooo gemein mit sich selbst reden. Vermutlich, ich denke die allermeisten Menschen tun das und oft bemerken sie es nicht einmal. Oder sie bemerken es, halten die harten Urteile, die sie über sich selbst fällen, aber für gerechtfertigt.

Wir urteilen über uns selbst viel härter, als wir über andere urteilen und haben für uns oft wenig Verständnis. Wir sollten darauf achten, was wir da eigentlich sagen und warum wir es sagen. Es lohnt sich, darüber nachzudenken. Denn solange wir keine realistische, sondern eine negativ eingefärbte Beurteilung über uns selbst haben, solange wird es uns nicht gelingen, etwas Grundsätzliches in unserem Leben zu verändern. Ich will etwas in meinem Leben verändern. Ich will meine Ich-Revolution starten und mein Leben so leben, dass ich das Gefühle habe, ich habe es mir so ausgesucht. Und wenn du das auch möchtest, dann empfehle ich dir wärmsten, als aller Erstes netter zu dir selbst zu sein. Lass mich dir erzählen, wie ich das auf die harte Tour lernen durfte.

 

Ich heiße Aurora

Aber hier erstmal ein paar Worte zu mir: Mein Name ist Aurora. Ich bin je nach Gefühl meistens zwischen 34,2 bis 47,5 Jahre alt, wohne in einer mittelgroßen Stadt namens Hotten, habe zwei Kinder einen Job, einen toxischen Ex-Partner, anstrengende Eltern und naja, diese eine Sache.

Lass mich das erklären. Damit deine Gedanken nicht gleich in die falsche Richtung führen. Also in meiner nicht allzu fernen Vergangenheit gab es ein paar Jahre, in denen mir die Scheiße nur so um die Ohren geflogen ist, von rechts, von links von oben und aus dem Hinterhalt und ziemlich ausdauernd. Und ich hatte wenig Aussicht auf Veränderung und keine Ahnung. Und weil ich mein Inneres so lange auf „mute“ geschaltet hatte, hatte mein Inneres es irgendwann satt, nicht gehört zu werden und an einem tintenfarbenen Sonntagmorgen bahnte es sich einen Weg nach außen. Auf meiner Terrasse erschien leibhaftig und in Person Lana, meine innere Kritikerin. Und sie sollte nicht die einzige bleiben.

 

Alles eng getaktet

Zu der Zeit als alles begann, hatte ich ein abgeschlossenes Studium und ein zweijähriges Volontariat hinter mir. Froh darüber, endlich ein richtiges Gehalt zu bekommen, nahm ich einen Vollzeitjob als Texterin in einer Werbeagentur an. Mein kleiner Menschenjunge Jasper war damals eineinhalb Jahre alt und war tagsüber bei einer Tagesmutter. Um meinen Job und mein Kind zeitlich unter einen Hut zu bekommen, machte ich mit meinem Chef aus, dass ich immer montags ganz lange arbeiten würde, während der Papa sich um Jasper kümmerte. An den anderen Tagen würde ich meine Pause auf 15 Minuten reduziere und bei Bedarf abends von zu Hause aus arbeiten. So wollte ich auf meine 40 Stunden kommen. Ich war ehrgeizig und war überzeugt davon, dass ich auch als Mutter einen guten Job haben könnte. Es war alles gut durchgeplant und eng getaktet, doch es sollte nicht lange dauern, bis Pia sich ganz aktiv in mein Leben mischte.

 

Die fremde Frau auf meiner Terrasse

„Ocha, das hast du verkackt“, waren ihre ersten Worte. Ich saß auf der Terrasse und sie stand plötzlich neben mir. Eine Frau in meinem Alter mit einem hübschen, markanten Gesicht und kurzen, dunklen Locken. Mit einer Hand in der Hüfte schaute sie mich von schräg oben an.

Dann hörte ich ein durchdringendes Kinderweinen und mein tiereischer Mutterinstinkt ließ mich aufspringen. Ich lief zu Jasper, noch bevor ich die Situation auf der Terrasse irgendwie einordnen konnte. Mein übermüdeter Verstand schob die fremde Frau und die Frage, was zum Teufel sie hier machte und was sie mit ihrem Kommentar meinte, in die nebelige, alles verschlingende Wolke in meinem Kopf.

Jasper hatte mit seinem Dreirad anscheinend ein waghalsiges Manöver vollbracht und sich dabei auf die harten Pflastersteine unserer Auffahrt gepackt. Weinend lag mein Menschenjunge mit den Stangen und Pedalen des Dreirades verknotet auf dem Boden. Mein mütterlicher Autopilot nahm Jasper auf den Arm und tröstete es mit sanften Worten. Zusammen gingen wir später auf die Terrasse, doch die Frau war nicht mehr da. Ich schob diese Begegnung in das Fach mit all den anderen Sachen, die mich überforderten und warf es in eine dunkle Ecke, wo es mich am wenigsten störte und aus der es ganz schwer sein würde, es wieder rauszuholen.

 

Bis …

 

„Weißt du, das sind echt zu viele Fehler, die du machst. Du gibst schlechte Texte ab, du vergisst deine Kollegen zu informieren, du lieferst keine guten Ideen ab. Alles, was du machst, ist nur eine Notlösung. Du vergisst, dir wichtige Details aus dem Briefing zu notieren. Das ist alles scheiße, was du machst. Deine Kollegen schaffen das alles. Jens zum Beispiel, der hat auch zwei Kinder und der schafft sein Pensum und Torsten arbeitet seine Designs bis ins letzte Detail aus. Ganz ehrlich, ich glaube, du bist nicht geeignet für diesen Job. Ich bin ganz ehrlich, ich glaube, mit deiner Unfähigkeit, dich zu organisieren, kannst du überhaupt keinen Job gut machen. Du bist echt ein Looser!“

Da war sie wieder die fremde Frau. Sie erschien ca. eine Woche nach ihrem ersten Auftritt, als ich versuchte, das wuchernde Gras aus unserem Vorgarten herauszuzerren und gleichzeitig Jasper bei Laune zu halten. Ich wusste, dass sie, mit dem was sie gesagt hatte, recht hatte. Sofort fielen mir tausend Beweise dafür ein, warum es so war. Eine riesige Wolke, die die Konsistenz eines pechschwarzen Felsens hatte, legte sich auf meine Brust und drückte.

„Ach ja, nicht dass du dich wunderst oder gar die Polizei rufst, hatte sie gesagt, „Ich bin Pia, deine innere Stimme. Ich bin dafür da, die unangenehmen Sachen auszusprechen. … Keine Sorge, du bist nicht verrückt. Mich gibt es wirklich, nur bisher war ich … wie soll ich sagen, … weniger substanziell. Ich meine, weniger körperlich. Also kurzum, bisher war ich nur eine Stimme in dir.“

  

Unangenehme Wahrheiten

Damals, als Pia aufgetaucht war und auch noch Jahre später, war mein Selbstwert an einem Tiefpunkt gewesen. Mein Selbstwertrauen war zu einem kleinen Staubklumpen geschrumpft und dieser Staubklumpen war der perfekte Nährboden für die „unangenehmen Wahrheiten“, die Pia mir täglich offenbarte. In meinem Kopf fehlte es an Verständnis der essentiellen Notwendigkeit von Selbstliebe, geschweige denn, dass ich ein Gefühl davon hatte, wie Selbstliebe sich anfühlt. Denn Gefühle kann man nicht verstehen, man muss sie fühlen, aber das ist ein Thema für einen anderen Tag und einen anderen Blog.

Ich habe gelesen, recherchiert, mit Menschen geredet und bin dann tatsächlich auch irgendwann auf den Begriff der „inneren Kritikerin“ gestoßen. Und ja, genau das war sie. Meine innere Kritikerin. Die Stimme, die wir alle in uns haben und die durchaus auch ihren Sinn hat, die aber gefährlich wird, wenn wir ihr zu viel Macht geben.

 

Vom traurigen Smiley zur Ich-Revolution

Heute, 7 Jahre später, rede und diskutiere ich mit ihr. Sie taucht bei weitem nicht mehr so oft auf, denn irgendwann habe ich angefangen sie und die tiefe Überzeugung, dass sie recht hat, zu hinterfragen. Diese Worte, die sie damals zu mir gesagt hat, klingen heute unfassbar hart und gemein. Unfassbar, dass sie so mit mir geredet hat! Doch heute weiß ich, dass ICH so mit mir geredet habe (trauriger Smiley). Ich war unfassbar hart zu mir. Und Pia musste einfach auftauchen, damit ich das überhaupt merkte. Heute passiert es mir manchmal immer noch, dass ich so mit mir rede. Das lässt sich nicht ganz verhindern. Und dann taucht Pia auf und ich weiß, dass ich anhalten muss, einen Schritt zurücktreten muss und mir die Sachen, die Pia sagt, genauer anschauen muss. Denn nicht alles, was sie sagt, ist ganz falsch. Ich habe damals Fehler gemacht, doch die Bewertung und die Schlussfolgerung, ich sei unfähig und ein Looser, sind fatal falsch! Das verstehe ich heute. Und Verstehen – davon bin ich überzeugt – ist der erste Schritt zur Veränderung! Der erste Schritt zur Ich-Revolution!

 

Meine Geschichte ist nicht ganz glaubwürdig, sagst du? Ja, das kann ich verstehen. Aber ich weiß, dass Pia und die anderen Mädels da sind und, dass sie zu mir gehören und, dass das so genau richtig ist.

Wenn du mir also weiter zuhören möchtest und du wissen willst, wie es mit meinem Job weiterging und wie ich es geschafft habe, meinen Selbstwert und mein Selbstvertrauen zu steigern, dann schaue in meinem nächsten Blogbeitrag rein. Nur so viel schon vorab: Zu Pia gesellte sich eine zweite innere Stimme, die sich, ähm, materialisierte.

 

Und? Hattest du beim Lesen Gedanken? Wie ist es mit deiner inneren Kritikerin? Was sagt sie zu dir und nimmst du ihre Worte wahr? Schreib mir gerne deine Gedanken und Erfahrungen in die Kommentare. Ich würde mich freuen!

 

 
 
 

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